Vortrag Stadtfinanzen Traunreut
- von Redaktion
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- 01 Nov., 2022

Eine Informationsveranstaltung zum städtischen Haushalt führte die Liberale Initiative Zukunft e. V. am Mittwoch, 28. September, um 19 Uhr im Nebenzimmer der Pizzeria Panorama durch. Zum Thema "Städtischer Haushalt und Stadtfinanzen Traunreut" referierte Bernd Ehlert, ehemaliger Stadtrat und L!Z-Vorstandsmitglied. Er hat anschaulich und leicht verständlich die finanziellen Zusammenhänge des städtischen Haushalts erklärt. Basis der Zahlen und Fakten war der Haushaltsplan 2022 mit Ausblick bis 2025 und der Vorbericht des Kämmerers.
Zur Einführung erklärte Herr Ehlert einige Begrifflichkeiten wie Rahmenvorgaben (§ 110 Allgemeine Haushaltsgrundsätze, Haushaltsausgleich), eigene und übertragene Angelegenheiten und freiwillige Aufgaben.
Während sich die städtischen Finanzen im Jahr 2021 durch eine Sonderzahlung zur Bewältigung der Corona-Krise noch positiv entwickelten, seien ab 2022 in jedem Jahr Entnahmen aus dem Vermögen der Stadt zur Deckung der Verwaltungsausgaben notwendig, das heißt man lebe teilweise von Ersparten. "Wenn es uns als Privatpersonen so ergeht, dann müssen wir sparen und mehr Geld nach Hause bringen, aber was passiert bei uns? Wir geben in Zukunft noch mehr aus! Wie kann das gut gehen?", so Ehlert. Die städtischen Einnahmen seien zu fast zwei Dritteln abhängig von der Gewerbesteuer und den Einnahmen aus der Zuweisung von Einkommens- und Umsatzsteuer. Das seien stark konjunkturabhängige Einnahmenquellen, während die weiteren großen Einnahmen noch Zuweisungen von Land Bayern und dem Bund seien und von Entscheidungen derer Gebietskörper-schaften abhingen. Nur fünf Prozent seien lokale Grundsteuern.
Die Stadt könne also die Einnahmen nur wenig selbst bestimmen. Aber die Ausgaben könnten der Stadtrat und die Stadtverwaltung maßgeblich beeinflussen. Hier liege der Hase im Pfeffer, urteilte Bernd Ehlert. Natürlich sei die größte Einzelposition im städtischen Haushalt die Kreisumlage, aber gleich danach würden die Personalausgaben folgen.
Seit über 20 Jahren habe die Stadt etwa 21000 Einwohner, aber die Verwaltungskosten und besonders die Personalkosten hätten sich allein in den letzten zehn Jahren um fast 75 Prozent erhöht. Von allen Ausgaben seien mehr als 30 Prozent mittlerweile für städtisches Personal und die Dienstleistungen der Stadt. "Wir stellen immer mehr Personal ein, alleine 60 zusätzliche Stellen in den letzten fünf Jahren, und diese sind nicht alle auf die Verbesserung der Kinderbetreuung zurückzuführen." Die Stadt habe mehr Beschäftigte als vergleichbare Kommunen. Die von der L!Z seit 2 Jahren geforderte Untersuchung der Aufgaben und Organisation der Stadtverwaltung ist jetzt endlich im Fokus (wir warten auf die Ergebnisse). Viele einzelne Positionen des Verwaltungshaus-halts seien den originären städtischen Aufgaben geschuldet, und das größte Ausgabenpaket umfasse die Soziale Sicherung, heißt insbesondere die Traunreuter Kindergärten und die städtischen Schulen.
Hier findet aber nach Ansicht der L!Z auch eine unwirtschaftliche und auf alten Zahlen basierende Investition statt. Auf der Basis einer Studie aus dem Jahr 2009 habe der Stadtrat eine Investition von etwa 30 Millionen Euro für einen Neubau der Grundschule Nord-Ost getroffen. Diese würden über mindestens fünf Jahre den Vermögenshaushalt belasten und später mit Folgekosten den Verwaltungshaushalt. Es sei keine Alternative wie die Vergrößerung der Sonnenschule durchgehend entwickelt und geprüft worden.
Auch würden keine Schritte in Richtung einer Energiewende erkennbar werden, sowie keine Investitionen in Bildung wie Hochschulen, Berufsbildung oder Einrichtungen zur Förderung von Firmengründern getätigt. Ein weiterer großer Teil des Vermögens- oder Investitionshaushaltes nehme das Thema Bau und Erwerb von Grundstücken sowie deren Erschließung durch das Baugebiet Stocket ein. Die Möglichkeiten für die Interessenten würden sich mit den geänderten Finanzierungsbedingungen und den höheren Baukosten nach den Steigerungen der letzten Monate verschlechtern, doch es sollten alle Baugrundstücke in den kommenden Jahren bebaut werden können.
Die freiwilligen Aufgaben und Ausgaben erhöhen unsere Lebensqualität. Die L!Z steht hinter dem Erhalt des Kultur- und Freizeitangebotes, aber wir müssen die bessere Ausnutzung für das Angebot von Kultur, Sport und Bildung erreichen oder die Kosten senken!
Ein Fazit: Die zukünftige Finanzplanung geht auch in den
Folgejahren von einem „strukturellen Defizit“ im Verwaltungshaushalt aus! Das
erscheint angesichts der Herausforderungen in der Wirtschaft noch untertrieben!
Die Stadt Traunreut muss sich nach unserer Ansicht auf Ihre Kernaufgaben
konzentrieren und für die Bevölkerung die Versorgungssicherheit mit Wasser,
Abwasser, Energie sowie die Bereitstellung der Infrastruktur für Kinder,
Schüler und das bezahlbare Wohnen konzentrieren.
Nachdem die Auswirkungen der Covid Pandemie und Ukraine-Krise in 2022 und
spätestens im Jahr 2023 zu einem Rückgang der erwarteten Gewerbesteuer und
weiteren Einnahmeausfällen führen können, sollten wir vorsichtiger als bisher
geplant mit unseren Rücklagen umgehen.
Bereits im Finanzplan sehen wir einen Abfluss aus den Rücklagen, und dabei sind
Preissteigerungen bei Bauvorhaben oder der Rückgang von Einnahmen nicht
berücksichtigt.
Verpflichtungsermächtigungen in der Höhe von ca. EUR 36 Mio. sind eine hohe
Bürde, und alleine die Grundschule Nord ist mit EUR 24,0 Mio. veranschlagt, die
nicht ausreichen dürften.